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Javier Sebastián *1962
Pictures at an Expedition
Modest Mussorgsky (21 March 1839 – 28 March 1881)
Evgeny Kissin * 10 October 1971
1
Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!
Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn
Deutet auf Unempfindlichkeit hin. Der Lachende
Hat die furchtbare Nachricht
Nur noch nicht empfangen.
Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!
Der dort ruhig über die Straße geht
Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde
Die in Not sind?
Es ist wahr: ich verdiene noch meinen Unterhalt
Aber glaubt mir: das ist nur ein Zufall. Nichts
Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich satt zu essen.
Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt
Bin ich verloren.)
Man sagt mir: iß und trink du! Sei froh, daß du hast!
Aber wie kann ich essen und trinken, wenn
Ich es dem Hungernden entreiße, was ich esse, und
Mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt?
Und doch esse und trinke ich.
Ich wäre gerne auch weise
In den alten Büchern steht, was weise ist:
Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit
Ohne Furcht verbringen
Auch ohne Gewalt auskommen
Böses mit Gutem vergelten
Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen
Gilt für weise.
Alles das kann ich nicht:
Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!
2
In die Städte kam ich zu der Zeit der Unordnung
Als da Hunger herrschte.
Unter die Menschen kam ich zu der Zeit des Aufruhrs
Und ich empörte mich mit ihnen.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.
Mein Essen aß ich zwischen den Schlachten
Schlafen legt ich mich unter die Mörder
Der Liebe pflegte ich achtlos
Und die Natur sah ich ohne Geduld.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.
Die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit
Die Sprache verriet mich dem Schlächter
Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden
Saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.
Die Kräfte waren gering. Das Ziel
Lag in großer Ferne
Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich
Kaum zu erreichen.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.
3
Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut
In der wir untergegangen sind
Gedenkt
Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht
Auch der finsteren Zeit
Der ihr entronnen seid.
Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd
Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt
Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.
Dabei wissen wir ja:
Auch der Haß gegen die Niedrigkeit
Verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.
Ihr aber, wenn es soweit sein wird
Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
Gedenkt unsrer
Mit Nachsicht.
Bertold Brecht (10 February 1898 – 14 August 1956)
The Bogatyr Gates or The Great Gate of Kiev
from Pictures at an Expedition
Modest Mussorgsky (21 March 1839 – 28 March 1881)
Viktor Hartmann (5 May 1834 – 4 August 1873
5 March. Ten days to the Ides, when, according to Shakespeare, 2066 years ago Caesar asked incredulously: 'Et tu, Brutus?'
"What do you think about Putin?" I ask my friend who, as almost always, is busy proofreading his 1669 pages short opus magnum 'Pre-Assyrian Philately in a Nutshell'.
Tetrapilotomos, without looking up:
- I would have expected Vladimir Putler to march into Kiev sitting on the pipe of the lead tank. Then the little prick could at least have shown the world once that he has a giant pipe.
- Putler?
- Well, or Hitin, if you prefer. Riding in bare-chested on a Sibirian tiger would of course be even cooler. But the pants poisoner is too cowardly to do both. By the way, today is the 69th anniversary of Stalin's death.
- Ach, indeed? Why do you mention this?
- A fine date for a tyrannicide, wouldn't you agree?
... and so am I, almost, on the first anniversary of Claude's death, which is why I let her speak.
She sent me this poem in December 2018.
THE MOONLIGHT IS SPEECHLESS...
She worked hard at being able
to think THINK instead of PENSER
to write a flawless letter to England as well
as to France
to add Shelley to Lamartine
to exude Gallic charm mixed with British
romanticism
she studied books and dictionaries
she travelled far and she lived everywhere
she met dignitaries and the people next door
she reached French and English fluency
in her dreams, tears and laughter
and when she wore this two-colour dress with
elegance
she discovered
that the heart has no language, no culture of
its own
The moonlight is speechless...
stars in one's eyes mean more than "Je
t'aime, beloved"
and two clasped hands across a table
across a warm sea of silence
can tear down
better than a thousand well-chosen words
the tower of babel
one erects every day in one's soul.
CPG (1970)
Thank you for everyting, Claude. De tout coeur.